Aquatinta
Die Aquatinta, ein Tiefdruckverfahren in der Druckgrafik, wurde im 18. Jahrhundert entwickelt und ermöglicht die Herstellung von künstlerischen Radierungen mit breiten Tonwerten und flächigen Strukturen. Auch als »Tuschätzung«, »Bistermanier« oder »Ätzlavierung« bezeichnet.
Dieses Verfahren wurde zwischen 1765 und 1768 maßgeblich durch Jean-Baptiste Le Prince (1734–1781), einen französischen Maler und Grafiker, vorangetrieben.
Le Prince perfektionierte die Aquatinta-Technik und trug wesentlich zur Popularisierung dieses Verfahrens bei. Das Verfahren erhielt seinen Namen aufgrund des wasserbasierten Charakters und der gefärbten Ergebnisse, die es ermöglicht. Bei der Aquatinta wird eine Druckplatte mit einem feinen Korn aus Kunstharz oder Asphaltstaub überzogen. Durch das Ätzen in einer Säurelösung entstehen Vertiefungen, die Tonwerte und flächige Strukturen im Druckbild erzeugen.
Etymologisch leitet sich der Name »Aquatinta« von den lateinischen Wörtern »aqua« für »Wasser« und »tinctus« für »gefärbt« ab, was auf den wasserbasierten Charakter dieses Verfahrens hinweist.
Die Aquatinta revolutionierte die Welt der Druckgrafik und eröffnete Künstlern neue Möglichkeiten, nuancierte Bilder zu schaffen. Jean-Baptiste Le Prince leistete einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung und Verfeinerung dieses Verfahrens, das auch heute noch von Künstlern weltweit genutzt wird.
Das Druckverfahren
- Präparieren der Druckplatte
Die Platte, in der Regel aus Kupfer oder Zink, wird mit einem feinen Korn aus Kunstharz oder Asphaltstaub überzogen. Dieser Korn dient als Ätzgrund für die späteren Tonwerte. - Aufbringen der Aquatinta
Die mit dem Korn präparierte Platte wird erhitzt, und dann wird ein feiner Nebel aus Harzpulver auf die Platte gesprüht. Das Harz setzt sich auf der erhitzten Platte fest und schmilzt leicht, wodurch eine gleichmäßige, feine Körnung entsteht. - Ätzen der Platte
Durch Ätzen in einer Säurelösung werden die zwischen den Harzkörnern liegenden Bereiche der Platte vertieft. Die Ätzdauer bestimmt die Intensität der Tonwerte. - Reinigen der Platte
Nach dem Ätzprozess werden die Harzkörner entfernt, und die Platte wird gereinigt. - Drucken
Die vorbereitete Platte wird mit Druckfarbe eingefärbt, und die überschüssige Farbe wird von der Oberfläche abgewischt. Das Papier wird auf die Platte gepresst, und durch Druck entsteht das Druckbild.
Das Ergebnis ist ein druckgrafisches Werk, das durch die Aquatinta-Technik eine breite Palette von Tonwerten und flächigen Strukturen aufweist. Künstler:innen und Grafiker:innen nutzen dieses Verfahren, um komplexe, nuancierte Bilder zu schaffen, die nicht nur Linien, sondern auch unterschiedliche Schattierungen und Texturen umfassen.
Varianten der Aquatinta-Technik
Künstler:innen und Grafiker:innen können unterschiedliche Drucktechniken mit der Aquatinta kombinieren, um ein breiteres Spektrum an Effekten zu erzielen. Beispielsweise:
- Farbaquatinta
Durch das Auftragen von farbigen Ätzgrundsubstanzen auf verschiedene Bereiche der Platte können Künstler:innen und Grafiker:innen Farbvariationen innerhalb des Aquatinta-Verfahrens erzeugen. - Kaltnadel-Aquatinta
Diese Technik kombiniert die Kaltnadelradierung mit der Aquatinta. Durch das Ritzen in die Platte vor dem Auftragen der Ätzgrundsubstanz entstehen klare Linien in Verbindung mit den getönten Flächen der Aquatinta. - Kaltnadelradierung
Bei dieser Variante wird die Druckplatte mit einer Nadel geritzt, ohne dass die Platte einer Säurelösung ausgesetzt wird. Dies führt zu klaren, feinen Linien im Druck. - Reservage
Durch das Auftragen einer schützenden Substanz, beispielsweise einer Gummi-Mischung, auf bestimmte Bereiche der Druckplatte können diese Partien vor der Säure geschützt werden. Nach dem Ätzen werden die geschützten Bereiche freigelegt, um kontrastreiche Effekte zu erzielen. - Spitzenätzung
Hier wird die Druckplatte mit einer Nadel oder einer spitzen Werkzeugspitze bearbeitet, um feine Linien zu erzeugen. Diese Technik ermöglicht präzise und detaillierte Ergebnisse. - Weichgrundätzung
Hierbei wird neben der Aquatinta-Technik auch eine weiche Substanz auf die Druckplatte aufgetragen. Dies kann beispielsweise Wachs oder Asphalt sein. Durch das Ätzen in der Säure entstehen Linien und Töne, die von der weichen Substanz geschützt werden. - Zweifarbige Aquatinta
Hierbei werden zwei verschiedene Ätzgrundsubstanzen verwendet, um unterschiedliche Töne oder Farben auf der gleichen Druckplatte zu erzeugen. Dies ermöglicht mehrfarbige Effekte innerhalb eines einzigen Aquatinta-Drucks.
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de