Achselhöhe
In der deutschsprachigen Schriftgestaltung und Typografie ist die Bezeichnung »Achselhöhe« ein Fachbegriff, um Teile der Letternarchitektur von Kleinbuchstaben mit Oberlängen römischen Ursprungs zu beschreiben. Der Begriff bezeichnet in der Typometrie die Distanz des vertikalen Hauptstrichs einer Minuskel mit Oberlänge von der Grundlinie (Schriftlinie) bis hin zur Oberkante, dem Kopf bzw. dem Dachansatz. Im lateinischen Alphabet sind das die Minuskeln b, d, f, h, k, l und je nach Klassifikation ggf. auch das t; Höhe von Kleinbuchstaben mit Oberlänge; Distanz von der Grundlinie bis zur H-Linie bzw. k-Linie bei Minuskeln mit Oberlängen.
Die x-Höhe (x-Linie) hingegen beschreibt die Höhe der Kleinbuchstaben ohne Oberlängen, also die Minuskeln a, c, e, m, n, o, r, s, u, v, w, x und z, gemessen von der Grundlinie bis zur x-Linie (x-Höhe). Die Bezeichnung wird bei allen Schriftgattungen verwendet, egal ob mit oder ohne Serifen.

Die Verwendung des Begriffs Achselhöhe ist charakteristisch für die deutschsprachige Typografie und findet in Fachkreisen, insbesondere bei Schriftgestaltern und in der Mikrotypografie Anwendung. Diese Bezeichnung leitet sich von der anatomischen Analogie ab, da die aufstehenden Teile der Buchstaben – mehr oder weniger – an »Achseln« erinnern, wobei in der menschlichen Anatomie sowohl die Schulter als auch die Achselhöhle als Achsel bezeichnet werden.
In der englischsprachigen Typografie entspricht der Begriff der Achselhöhe dem »Ascender Height«. Diese Bezeichnung verdeutlicht die Höhe der Buchstaben mit aufstehenden Teilen und wird international in der Fachliteratur und im Austausch zwischen Typografen verwendet.
Die gezielte Variation der Achselhöhe in einem Schriftschnitt ermöglicht es, bestimmte visuelle Effekte zu erzielen und den Charakter einer Schrift zu prägen, auch hinsichtlich der Schriftklassifikation. Beispielsweise sind die Achselhöhe und der Dachansatz einer Renaissance-Antiqua deutlich höher (über der H-Linie bei der k-Linie), als die einer Klassizistischen Antiqua. Eine erhöhte Achselhöhe kann beispielsweise eine dynamische, aufwärtsgerichtete Ästhetik vermitteln, während eine reduzierte Achselhöhe zu einer insgesamt ausgeglicheneren Erscheinung führt. Die Gestaltung der Achselhöhe kann auch auf die Lesbarkeit von Textschriften Einfluss nehmen. In der Lesetypografie gelten deshalb Französische Renaissance-Antiquas (z.B. eine Garamont) mit einer Achselhöhe über der H-Linie als hervorragend lesbare Textschriften.
Zusammenfassend betont die Achselhöhe nicht nur die ästhetische Komponente in der Typografie, sondern auch die Notwendigkeit einer präzisen, sprachspezifischen Terminologie, die die spezifischen Merkmale von Schriftarten treffend beschreibt. 1)
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de