Frontispiz
In der Typografie steht der Terminus »Frontispiz« für eine ganzseitige grafische Abbildung, beispielsweise eine Illustration, eine Typografik oder eine Fotografie, die sich auf der zweiten Seite eines Buches (# 2 Verso) oder einer buchähnlichen Publikation (z.B. Geschäftsbericht oder Broschüre) befindet. Die Seite zwei eines Buches wird deshalb auch als »Frontispizseite« bezeichnet.
Der Frontispitz zählt zur Titelei, also den »Seiten vor dem Inhalt eines Buches«. Er folgt dem Schmutztitel (# 1 Recto) auf der Rückseite. Gegenüber dem Frontispitz auf der rechten Seite befindet sich der Haupttitel auf Seite 3 (# 3 Recto).

Etymologisch leitet sich die Bezeichnung vom frz. »frontispice« zu deu. »Stirnseite, Titelblatt, Titelbild, Vorderseite« ab, welches aus dem mlat. »frontispicium« (von altlat. »frons« für »Stirn« und »spicere für »schauen«) stammt.

Die ersten »Frontispice« entstanden als Titelblätter (Titel-Frontispiz) für kalligrafische Bücher mittels der Xylografie (z.B. Holzstich), die sich ab dem 14. Jahrhundert in Europa entwickelte (in China bereits um 650). Im 15. Jahrhundert kamen monochrome und handkolorierten Motive im Kupferstich und ab dem 19. Jahrhundert im Reaktionsdruckverfahren (Lithografie) hinzu.
In der Buchtypografie zählt ein Frontispiz – z.B. wie auch die Initiale – zum Buchschmuck bzw. zur Buchdekoration. In der Regel waren Maler und Illustratoren bzw. Graveure oder Kupferstecher für die Gestaltung und Ausführung zuständig.
Vorherrschende Motive waren bis ins 19. Jahrhundert überwiegend allegorische und emblematische Szenen, die mehr oder weniger im Zusammenhang mit dem Thema des Buches standen oder die dem Verfasser oder Auftraggeber (z.B. Kaiser, König oder Fürst) huldigten, beispielsweise in Form eines Porträts.
Mit der Industrialisierung und der Prosperität der Typografie sowie der einhergehenden Alphabetisierung änderte sich die Motivwahl im 19. Jahrhundert dahingehend, dass primär »Szenen« aus dem Buch illustriert wurden. Der Frontispiz sollte in erster Linie einen »werblichen Effekt« haben, also zum Verkauf des Buches beitragen.
In der gesamten Periode des materiellen Schriftsatzes mit physischen Drucktypen aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung) war es üblich, dass der Frontispiz in der Begrenzung des Satzspiegels untergebracht werden musste. Heute kann ein Motiv technisch betrachtet randabfallend sein.
Alternativ zu einer grafischen Abbildung kann eine Frontispizseite auch eine Vakatseite (Leerseite) sein. Da der Haupttitel eine besondere repräsentative Aufgabe hat, beziehen ambitionierte Buchgestalter*innen bzw. Grafikdesigner*innen die Seite des Frontispiz in die Gestaltung des Haupttitels mit ein bzw. stimmen diese beiden Titeleiseiten minutiös aufeinander ab.

Bei Taschenbüchern hat sich eingebürgert, dass die Frontispizseite für eine Autorenbiografie und einer Kurzbeschreibung des Buches genutzt wird. Die Frontispizseite wird nicht paginiert.
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de