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Akzidenzdrucksachen

23. August 2025

»Akzidenzdrucksachen« sind eine gewerbespezifische Bezeichnung aus der Epoche der Offizinen sowie der Buch- und Zeitungsdruckereien des 16. Jahrhunderts für »Gelegenheitsaufträge« oder »Nebeneinnahmen«. Ab dem späten 18. Jahrhundert bezeichnete der Begriff Geschäfts- oder Privatdrucksachen, etwa Briefpapiere, Visitenkarten, Plakate oder Prospekte, die nicht im Werkdruck bzw. im Buch-, Zeitungs- oder Zeitschriftendruck hergestellt wurden; formal werden sie als »Akzidenzen« bezeichnet. Die Pendants sind »Werkdrucksachen« bzw. »Werkdrucke«.

Zu den Akzidenzen zählen zudem wirkungsvoll gestaltete Teile eines Buches oder einer Zeitung, wie Zeitungsköpfe (Titelkopf), Werbeanzeigen oder aufwendig gestaltete Buchtitel, Frontispize oder der Haupttitel eines Buches.

Semantisch rührt der erste Teil des Kompositums von »Akzidenzen«, etymologisch von mittellateinisch »accidentia« über mittelhochdeutsch »accidenz« zu »Akzidenz« im Sinne von »etwas Zufälliges, Nebensächliches, Nebenarbeit«. In der Typografie und im Druckwesen bezeichnete »Akzidenz« seit dem 16. Jahrhundert »Gelegenheitsarbeiten« oder »Nebendrucksachen« im Unterschied zu den Hauptwerken einer Offizin wie Bibeln, Gesangbüchern oder wissenschaftlichen Werken, z.B. Flugblätter, die sowohl religiöse als auch politische Themen behandelten. 1) Der zweite Teil des Kompositums verweist auf Druckerzeugnisse, also Produkte, die durch das Drucken hergestellt wurden.

Neben Geschäfts- oder Privatdrucksachen zählen auch wirkungsvoll gestaltete Teile eines Buches oder Zeitung zu den Akzidenzen, beispielsweise Zeitungsköpfe oder der Frontispiz und Haupttitel eines Buches. Abbildung: Der Zeitungskopf (Titelkopf) des US-amerikanisches Nachrichtenmagazin »Harper’s Weekly« aus dem Jahre 1857 wurde im Akzidenzsatz hergestellt, die Copy im Werksatz. Quelle: Harper & Brothers, New York City.
Neben Geschäfts- oder Privatdrucksachen zählen auch wirkungsvoll gestaltete Teile eines Buches oder Zeitung zu den Akzidenzen, beispielsweise Zeitungsköpfe oder der Frontispiz und Haupttitel eines Buches. Abbildung: Der Zeitungskopf (Titelkopf) des US-amerikanisches Nachrichtenmagazin »Harper’s Weekly« aus dem Jahre 1857 wurde im Akzidenzsatz hergestellt, die Copy im Werksatz. Quelle: Harper & Brothers, New York City.

Akzidenzen wurden im Zeitalter des materiellen Schriftsatzes überwiegend von besonders geschulten Akzidenzschriftsetzern im Akzidensatz mit sogenannten Akzidenzschriften und Affichen- bzw. Plakatschriften gestaltet, gesetzt und in der Akzidenzdruckerei gedruckt.

Die überwiegende Mehrheit der Zeitungen und Verlage stellen heute keine Akzidenzdrucksachen mehr her. Akzidenzen werden heute u.a. von Mediengestalter:innen, Grafik- und Kommunikationsdesignern:innen sowie Kommunikations- und Werbeagenturen gestaltet und überwiegend im Offsetdruck oder Digitaldruck produziert. 2) 3) 4)

© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de

Quellen / Literatur / Anmerkungen / Tipps:
Quellen / Literatur / Anmerkungen / Tipps:
1 Anmerkung: Zu den bekanntesten Flugblättern zählen u.a. Reformationsflugblätter von Martin Luther und anderen Reformatoren, Flugblätter zum Deutschen Bauernkrieg (1524–1525), die die Anliegen der Bauernbewegung unterstützten oder die Obrigkeit kritisierten. Diese Flugblätter spielten eine wichtige Rolle in der Mobilisierung und Kommunikation der Bauern, sowie satirische Flugblätter, die sich über politische und religiöse Themen lustig machten. Ein Beispiel hierfür ist ein französisches Spottblatt auf den Papst aus dem Jahr 1551.
2 Literaturempfehlung: Wolf, Hans-Jürgen: Geschichte der graphischen Verfahren, Historia Verlag, Dornstadt, ISBN 3-980-0257-4-8.
3 Museumsempfehlung: Museum für Druckkunst Leipzig, Nonnenstraße 38, 04229 Leipzig, online unter www.druckkunst-museum.de (23.9.2025).
4 Museumsempfehlung: Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 22305 Hamburg, Informationen online unter https://shmh.de/ verfügbar (16.9.2025). Das Museum der Arbeit beherbergt in der Abteilung Grafisches Gewerbe die wohl einzige noch funktionierende Holzletternwerkstatt, die so genannte »Holzlettern Manufaktur«. Dort wird auch der Nachlass (Maschinen und Schablonen) der Firma Gerdi Schriften aufbewahrt.
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