Typografischer Terminus aus der Periode des materiellen Schriftsatzes für eine Handsatzschrift, in der Regel aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung oder Messing), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz), die nicht als »Brotschrift« (Mengensatzschrift) oder »Auszeichnungsschrift« bestimmt war. Das Pendant zur Akzidenzschrift ist die Werksatzschrift. In der digitalen Typografie werden Akzidenzschriften primär als Zierschriften, Titelsatzschriften, Decorative, Display Fonts oder Designer Fonts bezeichnet.
Semantisch rührt der erste Teil des Kompositums von »Akzidenzen«. Etymologisch von »Accidenz« zu »Akzidenz« für »etwas Zufälliges, nicht zum Wesen Gehörendes«; entlehnt aus dem lat. »accidentia« für »Zufall«.
Akzidenzschriften wurden insbesondere für Akzidenzen, also wirkungsvoll gestaltete Drucke, wie beispielsweise für Zeitungsköpfe, Werbeanzeigen, Plakate, Geschäfts- oder Privatdrucksachen benutzt. Akzidenzdrucksachen wurden in der Regel von speziell geschulten Akzidenzschriftsetzern verwendet.
Akzidenzschriften wurden überwiegend von Schriftgiessereien entworfen, geschnitten, gegoßen und verkauft. Eine Klassifikation von Akzidenzschriften existierte nicht. Oftmals wurden auch Polytypen, Vignetten oder Silhouetten-Initialen als Akzidenzschriften bzw. Einfassungen, Asseré- und- Accidenz-Linien in Schriftzugbahnen oder Schmuckrat, z.B. Alineas, als »Acczidenz-Zierat« vertrieben. Ebenso gab es Schriftfamilien, die es sowohl als Werksatz– als auch als Akzidenzschrift gab.
Akzidenzschriften wurden nach Stückzahl, Meterware und, wie auch Brotschriften, nach Gewicht verkauft. Sie wurden in den Buch- und Zeitungsdruckereien aufgrund ihres monetären Mehrwertes grundsätzlich von den Werksatzschriften getrennt im Akzidenzsatz aufbewahrt und von den Akzidenzschriftsetzern besonders gepflegt.
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de