»Vorbreite« und »Nachbreite« sind typografische Fachbegriffe aus dem gewerbespezifischen Sprachschatz dspr. Schriftsetzer, Schriftgießer und Drucker aus der Periode des materiellen Schriftsatzes mit physischen Drucktypen aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz) für den Raum zwischen den Seitenflächenkanten eines Schriftkegelkopfes und den jeweils äußersten linken und rechten Rändern eines Schriftbildes einer Drucktype.
Der Terminus wird auch heute noch in der digitalen Typografie bzw. Schriftgestaltung (Type Design) bei digitalen Fonts verwendet, allerdings in seiner Beschreibung etwas leicht verändert.

Positive oder negative Vor- und Nachbreiten wirken sich unmittelbar und fix auf die räumliche Distanz zum angrenzenden Schriftzeichen (Buchstabenabstände) eines physischen Schriftschnitts aus. Korrekturen sind nur durch einen manuellen Optischen Schriftweitenausgleich möglich.
Die Vorbreite, das Schriftbild, die Punzen, das Fleisch plus die Nachbreite eines Kegels ergeben in ihrer Summe die Schriftkegelbreite, die als Dickte bezeichnet wird und die den Breitenlauf (Schriftlaufweite) eines Schriftschnitts bestimmt.
Ausgehend vom normalen Breitenlauf (Normalschriftweite) eines Schriftschnitts, werden durch unterschiedliche Vor- und Nachbreiten enge, weite oder extraweite Breitenläufe (Schriftlaufweiten) abgeleitet. So besitzen beispielsweise Konsultationsgrößen einen weiteren Breitenlauf als Lesegrößen.
Die Vor- und Nachbreite zählt – wie das Fleisch und die Punzen – zum nichterhabenen (nichtdruckenden) Teil eines Schriftkegelkopfes.
Vor- und Nachbreite bei digitalen Fonts
Die Termini Vorbreite (LSB, Reft Side Bearing) und Nachbreite (RSB, Right Side Bearing) wurden von der digitalen Schriftgestaltung adaptiert. Allerdings wurde der Schriftkegel in Font Editor Software, beispielsweise Fontographer® oder FontForge® von George Williams, durch einen rechteckigen Begrenzungsrahmen (Bounding Box) ersetzt.

Neben dem Zeichenabstandskerning (siehe Kerning) gibt die Vor- und Nachbreite bei Fonts nur noch die Normalschriftweite (NSW) vor, da im DTP Desktop Publishing die Schriftlaufweite über die Anwendersoftware, beispielsweise InDesign® von Adobe® oder QuarkXpress® von Quark®, flexibel geregelt werden kann. Enge, weite oder extraweite Breitenlaufvarianten mit separaten Vor- und Nachbreiten sind nicht mehr notwendig.
Des Weiteren grenzt die Vor- und Nachbreite bei digitalen Fonts direkt an das Fleisch bzw. an das Schriftbild, wird aber – im Gegensatz zu physischen Drucktypen – selbst nicht mehr als Fleisch bezeichnet.
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de