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Alinea

14. Oktober 2024

Der Terminus »Alinea« stammt aus dem Lateinischen »a linea« und bedeutet wörtlich »von der Linie ab«; er bezeichnet die erste Zeile eines neuen Absatzes (lat. »passus«). In der deutschen Typografie bezeichnet Alinea die erste Zeile eines neuen Textabsatzes, also den Beginn eines neuen Textabschnitts, der durch einen Einzug (Einrücken der ersten Zeile), durch einen größeren Abstand zur vorherigen Zeile und/oder durch ein Alinea-Zeichen gekennzeichnet ist. Das Verb »alinieren« bedeutet folglich »mit einer neuen Zeile beginnen« bzw. das Setzen oder Markieren von Absätzen in einem Text. Ein Alinea-Zeichen ist demnach ein Absatzzeichen.

1. Erste Zeile eines Textabsatzes

Der Begriff Alinea wurde bereits in der lateinischen Buchkultur verwendet, um auf den Wechsel von Textabschnitten hinzuweisen. Im Mittelalter und in den frühen Druckwerken war das Konzept von Absätzen und der Textstrukturierung allerdings nicht immer so ausgeprägt, wie wir es heute kennen. Erst seit der Renaissance und mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg (um 1400–1468) wurde die visuelle Strukturierung von Textabschnitten im Sinne der Textgestaltung bedeutender.

Der genaue Zeitpunkt der Einführung des Begriffs Alinea in die Typografie lässt sich schwer bestimmen. Die Verwendung des Absatzes zur Textstrukturierung ist seit der Antike bekannt, während der Begriff selbst spätestens in der frühen Neuzeit, mit der Systematisierung der Buchdruckpraktiken und der damit einhergehenden Fachliteratur, auftaucht.

In der digitalen Typografie ist der Begriff Alinea eher selten anzutreffen, da ein Absatz in der Regel durch visuelle Mittel wie Abstände oder Einrückungen signalisiert wird. Historisch gesehen spielte er jedoch eine wichtige Rolle in der Gliederung von Texten.

2. Absatz- und Schmuckzeichen

Im materiellen Schriftsatz mit physischen Drucktypen aus Metall (z.B. einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. Kunstharz) wurde der Begriff Alinea auch für diverse Schmuckzeichen, Zierstücke, Schlussstücke (z.B. die Kalliope), Vignetten (Rebranken), Englische Linien und Schlusslinien verwendet. Diese dienten zur Textabtrennung, Textgliederung oder Raumaufteilung. Alineas gehörten – bis auf die Vignetten – zum »Zierrat« und wurden in der Regel bei den Akzidenzschriften aufbewahrt.

Bekannte Alinea-Zeichen

Um einen neuen Absatz zu markieren, wurden im Laufe der Zeit verschiedene grafische Zeichen entwickelt, die als Alinea-Zeichen bezeichnet werden. Bekannte Absatzzeichen sind beispielsweise das Pilcrow-Zeichen (¶) und das Paragrafenzeichen (§).

  • Das Pilcrow-Zeichen (¶), auch als Absatzzeichen bekannt, wurde historisch verwendet, um Absätze zu markieren. Es stammt aus der mittelalterlichen Manuskriptkultur und wurde oft genutzt, um Textabschnitte hervorzuheben.
  • Das Paragrafenzeichen (§) wird häufig in juristischen Texten oder technischen Dokumenten verwendet, um Abschnitte oder Paragrafen voneinander abzugrenzen. Auch wenn es nicht direkt als typisches Alinea-Zeichen gilt, erfüllt es eine ähnliche Funktion der Gliederung.

Das bekannteste Alinea-Zeichen in der Kalligraphie und Typografie dürfte jedoch das Hedera- bzw. Aldusblatt sein.

Alineas sind Schmuckzeichen, Zierstücke, Vignetten oder Schlusslinien zur Text- oder Raumgliederung. Beispiel gesetzt aus der Linotype Decoration P1 von Linotype. Infografik: www.typolexikon.de
Alineas sind Schmuckzeichen, Zierstücke, Vignetten oder Schlusslinien zur Text- oder Raumgliederung. Beispiel gesetzt aus der Linotype Decoration P1 von Linotype.
Das Aldusblatt (Hedera-Zeichen) ist ein blumenartiges Alinea (Zierornament), das im deutschsprachigen Raum nach dem venezianischen Typografen Aldus Manutius (1449–1515) benannt wurde, der es gerne in seinen Aldinen verwendete. Vom Aldusblatt gibt es heute unzählige Varianten. Beispiel: Drei Aldusblätter aus der Schrift »Minion Pro« (Display) von Robert Slimbach.
Das Aldusblatt (Hedera-Zeichen) ist ein blumenartiges Alinea (Zierornament), das im deutschsprachigen Raum nach dem venezianischen Typografen Aldus Manutius (1449–1515) benannt wurde, der es gerne in seinen Aldinen verwendete. Vom Aldusblatt gibt es heute unzählige Varianten. Beispiel: Drei Aldusblätter aus der Schrift »Minion Pro« (Display) von Robert Slimbach.

© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de

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