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Dicktenkompatibel

20. April 2023

»Dicktenkompatibel« ist ein typografischer Fachausdruck aus dem gewerbespezifischen Sprachschatz dspr. Typograf:innen und Schriftgestalter:innen (Type Designer) für Alphabete, Indo-Arabische Ziffern, Satzzeichen, Sonderzeichen und Leerraumzeichen einer digitalen Schriftsippe, bei der jedes Schriftzeichen bzw. Figur, z.B. die Minuskel a, je nach Schriftschnitt eine unterschiedliche Form und Zeichenbreite aufweist, aber aufgrund der individuellen Vor- und Nachbreiten bzw. Zeichenabstände eine exakt gleiche »Dickte« im geschlossenen Schriftsatz einnimmt; gleichlautende Figuren einer Schriftsippe, die durch ZeichenabstandsKerning eine universelle Breite aufweisen; eng. »uniwidth« (einheitliche Breite).

Vergleich der Normalschriftweite (NSW) und Dicktenkompatibilität bei Schriftsippen. Beispiel oben: Die Corporate A-S-E (URW) von Kurt Weidemann (1922–2011). Die NSW und Dicktenkompatibilität stimmt bei gleichem Schriftgrad in den Hauptschriftgruppen nicht überein, was sich – je nach Anforderung – in der Praxis als gravierender Nachteil herausstellen kann. Beispiel unten: Das Schriftsystem Legst (Finaltype, 2021) von Hans R. Heitmann. Hier korrespondieren nicht nur die Hauptschriftlinien, sondern auch die NSW bzw. die Dicktenkompatibilität.
Vergleich der Normalschriftweite (NSW) und Dicktenkompatibilität bei Schriftsippen. Beispiel oben: Die Corporate A-S-E (URW) von Kurt Weidemann (1922–2011). Die NSW und Dicktenkompatibilität stimmt bei gleichem Schriftgrad in den Hauptschriftgruppen nicht überein, was sich – je nach Anforderung – in der Praxis als gravierender Nachteil herausstellen kann. Beispiel unten: Das Schriftsystem Legst (Finaltype, 2021) von Hans R. Heitmann. Hier korrespondieren nicht nur die Hauptschriftlinien, sondern auch die NSW bzw. die Dicktenkompatibilität.

Im gemischten Satz sowie bei Website-Animationen (z.B. Hover-Effekte) sind dicktenkompatible Schriftsippen besonders empfehlenswert, da alle Figuren schnell austauschbar sind, ohne dass sich dabei die Satzbreite oder der Umbruch ändert. Dadurch können auch im Nachhinein laute und leise Schriftauszeichnungen vorgenommen oder ausgetauscht werden, was bei der Umsetzung einer semantisch-typografischen Auszeichnungsmatrix sehr hilfreich ist. Ebenso sind ganzheitliche Schriftwechsel möglich, ohne dass sich der Satzumfang oder die Nutzen eines Druckbogens ändern.

Irreführende Begrifflichkeit

Die dspr. Bezeichnung »Dicktenkompatibilität« ist in der digitalen Schriftgestaltung – also bei Computer Fonts – streng genommen mehr oder weniger irreführend, da der Begriff »Dickte« ein typografischer Terminus aus dem gewerbespezifischen Sprachschatz dspr. Schriftsetzer, Schriftgießer und Drucker aus der Periode des materiellen Schriftsatzes mit physischen Drucktypen aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz) für die Breite eines Schriftkegels einer Drucktype ist, beispielsweise einer seitenverkehrten Druckletter, die in einer Tiegeldruckpresse verwendet wird. Bei der Dickte handelt es sich also um die Schriftkegelbreite einer bestimmten physischen Druckschrift, die den Breitenlauf (Laufweite) vorgibt. Bei Schriften mit gleicher Dickte spricht man deshalb besser von »dicktengleich«.

Bei einer physischen Drucktype aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz) entspricht die Dickte der Breite der Stirnseite eines Schriftkegels.
Bei einer physischen Drucktype aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz) entspricht die Dickte der Breite der Stirnseite eines Schriftkegels.

»Dicktenkompatibilität« bei digitalen Fonts beschreibt hingegen einen einheitlichen, universellen Raum, den eine Figur, z.B. die Majuskel »T«, innerhalb der gesamten Schriftsippe – die über mehrere Dutzend unterschiedliche Schriftschnitte in verschiedenen Schriftlagen und Schriftstärken verfügen kann – einnimmt. Die angelsächsische Bezeichnung »uniwidth« (einheitliche Breite) ist deshalb vielleicht präziser.

Seit dem digitalen Paradigmenwechsel wird die Typometrie von Buchstaben nur noch selten händisch entworfen und gezeichnet, sondern ausschließlich mit Font Editor Software, beispielsweise mit FontForge von George Williams (* 1959) aus Santa Barbara in Kalifornien, USA, kopiert, generiert, entworfen und bearbeitet.
Seit dem digitalen Paradigmenwechsel wird die Typometrie von Buchstaben nur noch selten händisch entworfen und gezeichnet, sondern ausschließlich mit Font Editor Software, beispielsweise mit FontForge von George Williams (* 1959) aus Santa Barbara in Kalifornien, USA, kopiert, generiert, entworfen und bearbeitet.
Alle Figuren einer dicktenkompatiblen (uniwidth) Schriftsippe in gleicher Schriftbreite (z.B. eng, normal oder weit) und Schriftweite (z.B. Normalschriftweite) verfügen über alle Schriftschnitte hinweg einen einheitlichen, universellen Raum. Beispiel gesetzt in der Arccus von Hans R. Heitmann, Finaltype, 2020.
Alle Figuren einer dicktenkompatiblen (uniwidth) Schriftsippe in gleicher Schriftbreite (z.B. eng, normal oder weit) und Schriftweite (z.B. Normalschriftweite) verfügen über alle Schriftschnitte hinweg einen einheitlichen, universellen Raum. Beispiel gesetzt in der Arccus von Hans R. Heitmann, Finaltype, 2020.

Dicktenkompatibele Schriftsippen, die die Typometrie (Letternarchitektur) einzelner Figuren durch »Dehnen« oder »Stauchen« nicht verletzen, erfordern vom Schriftgestalter:in ein hohes Maß an Feinabstimmung sowie präzise Kenntnisse im Kernig und Hinting eines OpenType Fonts.

© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de

 

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