Leerzeile
In der Typografie bezeichnet eine Leerzeile den vertikalen Abstand zwischen zwei Textblöcken. Sie wird verwendet, um einen Text, beispielsweise in Kapitel, Unterkapitel, Textabschnitte, Unterabschnitte und/oder Absätze zu gliedern, um diesen sinngemäß zu strukturieren; Zeile ohne Text; Leerer Zeilenabstand zwischen zwei Textzeilen.
Verwendung von Leerzeilen
- Absätze
Die häufigste Verwendung von Leerzeilen ist, neue Absätze zu kennzeichnen. Jeder neue Absatz beginnt typischerweise mit einer Leerzeile, um den Wechsel von einem Gedanken oder einer Handlung zum nächsten zu verdeutlichen. - Abschnitte
In der Lesetypografie werden zur Strukturierung komplexer Sachverhalte, z.B. in wissenschaftlichen Texten, Kapitel, Unterkapitel, Textabschnitte und/oder Unterabschnitte durch Leerzeilen gegliedert, denen in der Regel eine Headline oder Subline vorangestellt ist. In der Akzidenz, Gebrauchs- bzw. Werbetypografie werden Sinnschritte mit Leerzeilen getrennt, z.B. die einzelnen Angaben in einem Impressum oder im Abspann eines Films (Nachspann). - Dialoge
Oft werden Leerzeilen bei Dialogen zwischen verschiedenen Sprechern eingefügt, um die Übersichtlichkeit zu verbessern und den Lesefluss zu erleichtern.

Typografische Regeln
- Absenkung
Werden mehr als eine Leerzeile unmittelbar nacheinander gesetzt, spricht man von einer »Absenkung«. Beispielsweise könnte eine Überschrift (Headline) mehrere Zeilen, ggf. plus einer halben Zeile (Halbzeilenraster), abgesenkt werden. Wichtig bei dieser Satzgestaltung ist, dass der nachfolgende Fließtext wieder mit dem Grundlinienraster (Zeilenraster) korrespondiert. 1) - Konsistenz
In der Lesetypografie werden Leerzeilen im gesamten Werk einheitlich angewendet, um ein ästhetisches Satzbild zu gewährleisten. - Majuskelsatz
Satz in Majuskeln benötigt in der Regel andere Zeilenabstände bei Leerzeilen, als eine gemischte Schreibweise mit Groß- und Kleinbuchstaben. - Registerhaltigkeit
In der Lesetypografie werden Leerzeilen in einem Buchsatzspiegel oder Gestaltungsraster grundsätzlich registerhaltig gesetzt, unabhängig davon, wie viele Leerzeilen oder Kolumnen bzw. Spalten verwendet werden oder hintereinander folgen (halbzeilige Absenkung siehe oben). - Texteinzug
Leerzeilen sind kein Ersatz für Texteinzüge und umgekehrt. - Zeilenabstand
In der Lesetypografie folgt eine Leerzeile dem Zeilenabstand (ZAB) der Grundschrift. In der Akzidenz, Werbe- und Gebrauchstypografie sind Abweichungen aus grafischen Gründen manchmal sinnvoll. Der ZAB von Leerzeilen sollte aber nicht zu groß sein, um den Lesefluss nicht zu stören. - Zeilenumbruch
Absatz und Zeilenumbruch sind nicht das Gleiche. Wird auf einer Tastatur eines Personal Computers die Eingabetaste (Zeilenschalter bzw. Return-Taste) nur einmal getippt, entsteht ein Zeilenumbruch. Wird sie zweimal betätigt, entsteht ein Absatz. In der Lesetypografie können falsch platzierte Leerzeilen unästhetische Umbrüche, möglicherweise sogar Umbruchfehler wie Witwen oder Schusterjungen, verursachen. - Zierrat
Schmuckzeichen, Linien oder sonstiger Zierrat zur Trennung von Textblöcken sind kein genereller Ersatz für Leerzeilen.
Texteinzug oder Leerzeile?
Im Gegensatz zur Gliederung mit Leerzeilen unterbrechen Texteinzüge den Sakkadenprozess vom vorhergehenden Zeilenende hin zu einem neuen Zeilenanfang nicht so abrupt, wie dies durch Leerzeilen geschieht. Der Grund hierfür ist, dass das Auge – das ontogenetisch ein Teil des Gehirns ist – einen stereotypen Zeilenabstand bereits nach einer kurzen Textpassage verinnerlicht hat, sich auf die Wortbilder konzentriert und prinzipiell immer auf dem »kürzesten Pfad« zu einem neuen Zeilenanfang im Register springt.
Um einen neuen Absatz anzudeuten, genügt bereits ein kleiner Leerraum (»kleine Lesepause«) am Zeilenanfang, der den Grauwert an der Satzkante verändert. 2) Diese Erkenntnis wird in der Typografie dazu verwendet, Absätze durch Einzüge und eindeutigen Themen- bzw. Szenenwechsel (z.B. Rückblenden) innerhalb eines Kapitels durch Leerzeilen (»große Lesepause«) zu signalisieren.
Im materiellen Schriftsatz mit physischen Drucktypen aus Metall (z.B. aus einer Blei-Zinn-Antimon-Kupfer-Legierung), Holz (z.B. aus Birnenholz) oder Kunststoff (z.B. aus Kunstharz) wurden Leerzeilen mit Blindmaterial aufgefüllt, beispielsweise mit Regelten oder Dünnstegen.
Leerzeilen können den Grauwert eines Schriftsatzes optimieren.
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de
Quellen / Literatur / Anmerkungen / Tipps:[+]
| ↑1 | Literaturempfehlung: De Jong, Ralf und Friedrich Forssman: Detailtypografie, Verlag Hermann Schmidt, Mainz, Seiten 200 und 222 ff, ISBN 978-3-87439-642-4. |
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| ↑2 | Anmerkung: Abgesehen davon, erfordern längere Sakkaden längere Augenbewegungen (Okulomotorik), was die Augenmuskulatur ermüdet und schlussendlich zu Lasten der Lesbarkeit geht. |