Typografischer Terminus aus der Periode des materiellen Schriftsatzes für das gleichmäßige Erweitern der Schriftlaufweite; Sperrsatz. Synonym im Handsatz »Spatiieren«. Etymologisch »sperren« von althochdeutsch »sperran« in Bezug zu »Sparren« für »Spatien« von lateinisch »spatium«. In der Mikrotypografie zählt das Sperren zum Optischen Schriftweitenausgleich.
Mit der Etablierung des optomechanischen Lichtsatzes (Fotosatz) seit Anfang der 1960er Jahre hat der Terminus »Spationieren« den aus dem gewerblichen Sprachschatz deutscher Handschriftsetzer kommenden Begriff »Sperren« sukzessive abgelöst bzw. diesen in einen technisch bedingten differenzierteren Kontext gestellt. Heute versteht man unter »Sperren«:
- Bei physischen Drucktypen die Erweiterung des normalen Breitenlaufs mit gleich großen Trennfugen bzw. Spatien ohne individuellen Ausgleich der Buchstaben-, Zeichen- bzw. Wortzwischenräume.
- Bei digitalen Fonts die gleichmäßige Erweiterung der Normalschriftweite (NSW) durch ein oder mehrere Leerraumzeichen ohne individuellen Ausgleich der Buchstaben-, Zeichen- und Wortzwischenräume. Bei Nichtproportionalschriften (Festbreitenschriften) als »Dicktengleiches Sperren« bezeichnet.
- Bei mechanischen Schreibmaschinen die Erweiterung der dicktengleichen Schriftlaufweite mit einem oder mehreren Leerraumzeichen.

Motive für das Sperren
Es gibt unterschiedliche Argumente, die das Sperren rechtfertigen können:
- Optimierung der Schriftsatzästhetik, beispielsweise von Ruftext, Kolumnentiteln, Kapitälchen oder Majuskeln
- Sperrsatz im Sinne der Schriftauszeichnung, beispielsweise als »Leise Auszeichnung« in der Schriftgattung der Gebrochenen Schriften
- Einzige Auszeichnungsmöglichkeit bei mechanischen Schreibmaschinen
- Sperren mit dicktengleichen Leerraumzeichen, z.B. um einen Tabellensatz oder ein Programmlisting übersichtlich zu gestalten
(Weitere Motive für die Erweiterung der Schriftlaufweite im Fotosatz und DTP Desktop Publishing siehe Spationieren).
Sperren bei Druckschriften
Sperren im Bleisatz
Im materiellen Schriftsatz (z.B. Bleisatz) gibt es in der Regel nur den normalen Breitenlauf einer Drucktype, der durch die Dickte des Schriftkegels bestimmt wird. Sehr wenige Werksatzschriften verfügen darüber hinaus über die Grundschriftweiten eng, weit oder extraweit.
Deshalb wird der natürliche Breitenlauf einer Bleisatzschrift mit Ausschlußstücken, Kartenspänchen, Halbpunktfüllern und (Ein)Punktfüllern bzw. mit Trennfugen oder Spatien (Sing. Spatium) in unterschiedlichen Stärken in Typografischen Punkten (z.B. ein Achtelpetit) bzw. in der relativen Maßeinheit Geviert gleichmäßig gesperrt und vereinzelt »Ausgemittelt«. 1) . Spatien bzw. Trennfugen gehören im materiellen Schriftsatz zum nichtdruckenden »Blindmaterial«.

Sperrsatz bei Gebrochenen Schriften
In der Schriftgattung der Gebrochenen Schriften wird »Sperrsatz« mangels geeigneter Auszeichnungsschriften 2) als Schriftauszeichnung verwendet. Sperrsatz erschwert bei mehr als drei bis fünf Wörtern den Leseprozess (siehe Fixationen). Er gilt als schlecht lesbar und ist deshalb nur im Titelsatz oder bei kurzen »Leisen Auszeichnungen« sinnvoll.
Klassischer Sperrsatz unterliegt speziellen Schriftsatzregeln. Beispielsweise wird die deutsche Fraktur im Sperrsatz u.a.
- in einem Achtelgeviert-Rhythmus gesetzt,
- die Leerraumzeichen vor und nach einer Auszeichnung werden mitgesperrt,
- ebenso die Satzzeichen (außer orthographischer Punkt, Anführungszeichen und Arabische Ziffern).
- Im Deutschen Sperrsatz werden die zweifachen Minuskelligaturen ch, ck, ſt und tz sowie die phonetische Ligatur (Tonligatur) ß nicht aufgelöst,
- alle anderen Minuskelligaturen werden mitgesperrt.

Sperren im Fotosatz und Desktop Publishing (DTP)
Im Grunde macht im Fotosatz (Lichtsatz) und im Desktop Publishing (DTP) nur das dicktengleiche Sperren mit Leerraumzeichen von nichtproportionalen Fonts (Monospaced Fonts) und Tabellenziffern Sinn. Ansonsten werden Fonts grundsätzlich stufenlos in Geviertwerten spationiert.
Sperren bei Webfonts
Nichtproportionale Webfonts (Monospaced Fonts) können mittels eines Leerraumzeichens nur bedingt gesperrt werden, da Browser (z.B. Safari® von Apple® oder Google Chrome® von Google®) in der Regel ohne Zusatzbefehl im Code nicht mehrere Leerraumzeichen gleichmäßig hintereinander darstellen. Um dicktengleiche Webfonts mit mehr als einem Leerraumzeichen gleichmäßig zu sperren, wird das Element »pre« im CSS Cascading Style Sheets benötigt, 3) das den Fließtext dicktengleich auch mit mehreren Leerraumzeichen darstellen kann, und zwar so, wie er im Editor eingegeben wurde. Beispielsweise ist diese Darstellung für Programmlistings oder Tabellen wichtig. Das Element »pre« bedeutet »preformatted«, also »präformatiert« bzw. »vorformatiert«.
Beispiel eines präformatierten Textes mit dem Element »pre« in einem Quelltext:
<html> <head> <title>Text des Titels</title> </head> <body> <h1>Headline</h1> <pre> FUNCTION Berechnung(year : INTEGER) : INTEGER; VAR a, b, c, d, e, f, g, h, i, k, l, m : INTEGER; BEGIN a := year MOD 19; b := year DIV 100; c := year MOD 100; d := b DIV 4; e := b MOD 4; f := ( b + 8 ) DIV 25; g := ( b f + 1 ) DIV 3; h := ( 19 * a + b d g + 15 ) MOD 30; i := c DIV 4; k := c MOD 4; l := ( 32 + 2 * e + 2 * i h k ) MOD 7; m := ( a + 11 * h + 22 * l ) DIV 451; Easter := h + l - 7 * m + 22; END{FUNC}; </pre> </body> </html>
© Wolfgang Beinert, www.typolexikon.de
Quellen / Literatur / Anmerkungen / Tipps:
↑1 | Anmerkung: Handschriftsetzer, die ihr Handwerk meisterlich beherrschten, glichen kritische Buchstabenkombinationen in kleinen Schriftgraden (Konsultationsgrößen) sogar mit Seidenpapier aus. |
---|---|
↑2 | Anmerkung: Bei gebrochenen Schriften gibt es in der Regel aufgrund der komplizierten Typometrie kaum oder keine innerfamilären Auszeichnungsschnitte, beispielsweise gibt es keine kursiven Frakturschnitte. |
↑3 | Anmerkung: CSS Cascading Style Sheets ist ein weltweiter Standard des W3C (World Wide Web Consortium). Informationen verfügbar unter http://www.w3c.de/about/ (12.12.2015). |